Geben, nehmen und gemeinsam entwickeln: die neue Rolle der Kunden im Facility Management

Wir arbeiten daran, Facility Services aus einer gedanklichen Ecke zu holen. Zu viele Auftraggeber sehen unsere Dienstleistungen (noch) als eine bunte und beliebige Aneinanderreihung einzelner Tätigkeiten. Im betrieblichen Alltag dagegen herrscht längst ein anderer Zustand: Alles ist mit allem verknüpft. Wie zum Beispiel in Beschaffungsprozessen für die Produktion oder in Lieferketten bestehen direkte Abhängigkeiten zwischen den unterschiedlichsten Gewerken.

Diese Abhängigkeiten sichtbar zu machen, ist die Aufgabe von „FM 21“ – einem ganzheitlichen und transparenten Facility Management für das 21. Jahrhundert. In dem Automatisierung und Digitalisierung die ihnen angemessene Rolle spielen: als Beschleuniger und Kommunikationsplattform. Wir brauchen sie, um wünschenswerte positive Wechselwirkungen herbeizuführen. Genauso, wie wir sie brauchen, um unerwünschte negative Folgen abzuwehren.

Überzeugende Beispiele für diese neue Betrachtungsweise haben wir in der jüngsten Vergangenheit dort gesehen, wo wir uns mit der Pandemie und ihren Folgen befasst haben. Das kurzfristige Stopp-and-Go, die politischen wie wissenschaftlichen Kehrtwenden: Sie haben uns an den Rand der planbaren und vorhersehbaren Welt gebracht. Wir konnten uns in dieser Situation behaupten, weil wir vorhandenes Wissen innerhalb des Unternehmens, über Geschäftsbereiche hinweg, direkt in die Teams weiterleiten konnten. Das hat es uns erstens möglich gemacht, schnell und flexibel innovative Antworten auf neue Herausforderungen zu finden. Und es hat unseren Kunden zuverlässige Lösungen geliefert, die bei einem verengten Blickwinkel auf einzelne Gewerke oder Aufgaben so nicht möglich gewesen wären.

Worauf kommt es also an, wenn mal gar nichts mehr so abläuft wie gewohnt, wie geplant und wie trainiert? Auf die Bereitschaft zur Veränderung und auf die Fähigkeit, das vorhandene Anwendungswissen auf neue Aufgaben anzupassen. Wir haben überall dort überzeugende Antworten auf krisenhaftes Geschehen gefunden, wo diese Kräfte zum Tragen kamen – und wo wir mit Kunden auf Augenhöhe ganzheitliche Lösungen erarbeitet haben.

Wir haben diese Erkenntnis genutzt, unsere Strukturen und Prozesse zu prüfen und neu auszurichten. Die Automatisierung und die Digitalisierung sind dabei zum hilfreichen und belastbaren Werkzeug gereift. Viele Veränderungen wären uns ohne sie nicht so schnell und so überzeugend gelungen, wie es dann der Fall war. Dies gilt für Produktion, Steuerung und Kommunikation gleichermaßen. Damit bewegen wir uns parallel zu den Entwicklungen, die heute auch alle unsere Kunden beschäftigen. Es liegt also nahe, Parallelen zu erkennen und Gleiches mit Gleichem zusammenzuführen. Das gelingt umso besser, je weniger trennende Schnittstellen bestehen: ein Auftraggeber hier, ein Dienstleister da, ein gemeinsames Ziel obendrein – Produktivität, Werterhalt, Nachhaltigkeit.

Eine logische Entwicklung in diesem Zusammenhang ergab sich aus der Frage: Sind die Verträge, die wir mit unseren Kunden haben, eigentlich noch in der Lage, den Alltag abzubilden, den wir miteinander leben? Und – vor allem: Sind sie geeignet, dem rapiden Wandel etwas entgegenzuhalten, was dauerhaft wirkt? Nein. Wenn z.B. keine App im Leistungsverzeichnis steht, lässt sich ihr Nutzen auch nicht bewerten und bepreisen. Kein Passus im Vertrag ist dafür geeignet, weiteres Beispiel, den Einsatz von Reinigungsrobotern zu bewerten. Vor allem dann nicht, wenn während der Laufzeit bessere, effizientere und umweltfreundlichere Geräte auf den Markt kommen. Wir befinden uns hier in einem fließenden Prozess, der schneller unterwegs ist als das Papier, das wir mit unseren Kunden unterschrieben haben.

Vertragstexte sind mithin zu starr und zu schlicht, um mit laufenden Verbesserungs- und Veränderungsprozessen mitzuhalten. Das sehen wir vor allem dort, wo sich Facility Management zur Mehrwert-Dienstleistung entwickelt hat. Gerade die Aufsplitterung von Leistungsverzeichnissen in Einzelgewerke lässt Wechselwirkungen unberücksichtigt und engt damit den Gestaltungsspielraum entscheidend ein – und dies auf beiden Seiten.

Lässt sich das ändern? Zum Beispiel, indem eine umgreifende Plattform geschaffen wird, die das gesamte Leistungsspektrum integriert? Vorbilder dafür gibt es in anderen Wirtschaftszweigen bereits reichlich. Man denke an die Bestellung eines Festmenüs zur Firmenfeier: Wer würde Erbsen oder Eiswürfel separat ordern? Man denke an den Autokauf: Wer würde Start-Stopp-Taste und Zentralverriegelung einzeln ausschreiben? Man denke an den Wellness-Urlaub: Wer würde im einen Hotel saunen und im anderen duschen?

Drei Beispiel, die verdeutlichen, was die Beziehung zwischen Kunden und ihren Dienstleistern stark machen: Die einen suchen „well being“ im Paket, die anderen schnüren es. Dank ihres fachlichen Knowhows verfügen Dienstleister wie wir dabei über das Talent, unterschiedliche Kundensegmente mit angepassten Paketinhalten adäquat anzusprechen und zu gewinnen. Damit lassen sich Lösungen für verschiedenste Strategien oder Zielsetzungen finden -für jene, die Arbeitgeberattraktivität mit New Work und Mobile Office verbinden wollen, genauso wie für jene, denen Nachhaltigkeit und ESG ein verstärktes Engagement auf dieser Ebene wert sind. Und nicht zuletzt jene, die unternehmerische Freude zurückgewinnen wollen, weil sie sich sicher kein können, dass das „Drumherum“ perfekt läuft.

Die Dr. Sasse Gruppe hat sich mit der Frage befasst: Lassen sich Vertragsverhandlungen so führen und Verträge so abschließen, dass sie diesem Ziel genügen? Die Antwort ist ein klares „Ja“. Wobei bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit Absicht und Ergebnis zusammenpassen.

  • Voraussetzung 1: Die beiden Partner müssen die gleiche Sprache sprechen und einen vergleichbaren Kenntnisstand über die gegenseitigen Fähigkeiten und Wünsche haben. Dies ist zunächst eine Aufgabe der Kommunikation und des vertrauensvollen Wissenstransfers, weniger der Kalkulation und des Controllings. So ist zum Beispiel „ESG“ kein absoluter Wert an sich, sondern bedarf der Gewichtung und Priorisierung. Ähnliches gilt für Faktoren wie Sicherheit, Werterhalt oder Innovativität.
  • Voraussetzung 2: Der Begriff der „Facility“ muss geklärt sein. Geht es um die reine Funktionalität? Oder spielen Atmosphäre, Ausstrahlung oder Wechselwirkung mit anderen unternehmerischen Faktoren eine Rolle? Busdepots und Konzertgebäude haben unter Umständen mehr gemeinsam als eine Werkshalle zur Traktorenfertigung und ein Kraftwerk.
  • Voraussetzung 3: Zeiten und Frequenzen der Dienstleistungen müssen im gleichen Takt laufen wie die Nutzung der jeweiligen Facility. Angesichts der stark zunehmenden Flexibilisierung und der wachsenden Entscheidungsfreiheit der Nutzer entfernen wir uns mit hoher Geschwindigkeit von den Normen, die „Wochenende“ oder „Ladenschluss“ vorgeben. Die Beweglichkeit des FM muss diese Volatilität abbilden können.
  • Voraussetzung 4: Komplexe Gebäude und Anlagen brauchen eine ganzheitliche Betreuung und Bedienung. Sonst drohen Reibungsverluste und Wissenslücken zum tatsächlichen Status quo. Als Konsequenz aus Einzelbetrachtungen stellen wir fest: Jeder gesparte Cent erzeugt inzwischen mindestens einen Cent Schaden, wenn man nur aufs einzelne Gewerk achtet und nicht auf das ganze System.

Diese Überlegungen führen aus unserer Sicht zwingend zu einem „new work“ von Partnerschaft und Vertragsverhandlungen. Mit Ausschreibungen im bisherigen Sinn, bei denen jeder einzelne Posten dezidiert vorgegeben ist, lassen sich weder Produktivität noch Effizienz noch Zufriedenheit herstellen. Vielmehr sind beide Seiten gut beraten, gemeinsam ein tragfähiges Konzept zu erarbeiten. Ein Konzept, das mögliche Veränderungen auf mittlere und längere Frist einbezieht, denn nur so lässt sich der Return on Investment auf angewandtes Knowhow in vollem Umfang realisieren.

Auf einen einfachen Satz heruntergebrochen bedeutet das, dass Vertragsverhandlungen künftig mit diesem Satz beginnen: „Wir wollen den Betrag X ausgeben. Was können Sie uns dafür bieten?“

Aus diesem Gedanken lassen sich für die Auftraggeber unmittelbar die folgenden Schritte ableiten, die diesen neuen Weg von Vertragsverhandlungen ausmachen.

  • So erfolgt zunächst eine Vorauswahl der Dienstleister, wobei den zueinander passenden Unternehmenskulturen eine Schlüsselrolle zukommt.
  • Im zweiten Schritt gilt es, die angestrebten Ziele zu definieren – über das reine Ergebnis hinaus. Die Ergebnisse dieses Prozess-Schrittes liefern zugleich die Ansatzpunkte, was zu tun ist, wenn während der Vertragsphase Veränderungsprozesse nötig oder möglich erscheinen.
  • Danach wird ein Preisrahmen festgelegt, dazu gehören auch mögliche Alternativen (z.B. Gewichtung, Laufzeit) sowie die Option für mögliche Ab- und Nachbestellungen während der Laufzeit.
  • Der aufwendigste und zugleich am stärksten werthaltige Schritt betrifft die anschießende Festlegung des Prozesses für die Leistungssteuerung. Hier öffnet die Digitalisierung sowohl dem Kunden wie dem Dienstleister neue Fenster zur Überprüfung von Ergebnissen und Zielen, ohne dass dafür ein hoher Personalaufwand nötig wäre. Jede Stunde Invest in die Prozessentwicklung rentiert sich in Tagen während der Vertragslaufzeit. Zumal die passenden Dienstleister aus ihrem Selbstverständnis und aus ihrer ganzheitlichen FM-Denkweise die Komponenten für diesen Prozess bereits gebrauchsfertig anliefern.
  • Hier schließt sich der Kreis unter dem Vorzeichen „Vertrauen“, der in der Partnerwahl begründet liegt. Durchgängige Transparenz reduziert die Überprüfung des Vereinbarten auf Stichproben – wie das bei geeichten Maschinen oder DIN-geprüften Werkzeugen auch der Fall ist.

FM verändert sich mit hoher Geschwindigkeit, weil sich das Umfeld unserer Auftraggeber dramatisch geändert hat und mit hohem Tempo weiter verändert. Werfen wir in diesem Zusammenhang einen Blick auf das Online-Dashboard, mit dem unsere Teams inzwischen arbeiten – und unsere Kunden auch. Es ist ein Ergebnis von veränderten Arbeitsinhalten und Prozessen im FM. Es ist zugleich aber auch ein Beitrag zu einem neugestalteten Workflow und zu verbesserter, schnellerer Kommunikation.

Wir sind überzeugt, dass dieser Weg es allen Beteiligten leichter macht, die Komplexität moderner Facility Services zu erfassen. Er wird nachweislich einer produktiven, wertschöpfenden Partnerschaft gerecht. Er hilft Irritationen, Verzögerungen, Störungen und wirtschaftlich schädliche Folgen abzuwehren, die daraus entstehen, wenn Unzählbares gezählt und Nicht-Messbares gemessen werden soll. Die Zeit ist reif, FM mit dem Mehrwert zu versehen, der sich aus dieser Perspektive ergibt.